Die Traumdoktoren entlasten den Kindernotfall

    Die Notaufnahme ist ein von besonderer Anspannung geprägter Ort. Die Stiftung Theodora unterstützt die Spitäler mit der Lancierung des neuen Programms «Traum im Notfall». Die Künstler der Stiftung bieten mit ihren Besuchen, die neu auch auf fünf Notfallstationen stattfinden, noch mehr Momente der Ablenkung und Freude bei den Kindern und ihren Begleitpersonen. Gleichzeitig bieten sie dem Spitalpersonal eine helfende Hand.

    (Bild: © Annette Boutellier/Stiftung Theodora) Im Wartebereich des Notfalls werden Schmerzen für einen Moment vergessen.

    Die Spitäler vermelden Allzeitbesuchsrekorde auf den Notfallstationen. Laut Pädiatrie Schweiz beträgt dieser Anstieg in einigen Einrichtungen mehr als 50%. Die Gründe dafür sind vielfältig, wichtige Faktoren sind eine wachsende Bevölkerung für eine sinkende Anzahl an Kinderärzten. Zudem sind vielerorts die Notfallstationen personell unterbesetzt. Seit der Covid-Pandemie hat sich dies weiter zugespitzt. Dadurch verlängern sich die Wartezeiten – eine Quelle von Anspannung und Stress für die Eltern und Kinder. Die negativen Reaktionen von Eltern häufen sich, was das Personal zusätzlich belastet. Besonders herausfordernd ist die Lage in den Abendstunden, wenn die Kinderarztpraxen geschlossen haben.

    (Bild: © Vincent Hofer/ Stiftung Theodora) Mit den Traumdoktoren im Wartezimmer erscheint die Zeit für Kinder und Eltern etwas weniger lang. HEL/Lausanne

    Verkürzung der Wartezeit
    Um diese Situation zu entschärfen, startete die Stiftung Theodora im letzten Jahr als Pilotprojekt das Programm «Traum im Notfall» auf dem Kindernotfall im Kantonsspital Aarau. Aufgrund der positiven Rückmeldungen der Kinder, Begleitpersonen und insbesondere des Spitalpersonals weitete die Stiftung die Traumdoktorbesuche in der Zwischenzeit auf die Kindernotaufnahmen der Spitäler in Lausanne (HEL), St. Gallen, Winterthur und La Tour in Meyrin aus. Mit Musik, Zaubertricks, Seifenblasen und viel Improvisationstalent setzen die Künstler der Stiftung all ihre Talente ein, um die Wartezeiten für Kinder und Eltern gleichermassen ein wenig fröhlicher zu gestalten. Ein Lächeln huscht über die Gesichter, die Schmerzen werden vergessen und die Zeit erscheint weniger lang, was den allgemeinen Stresspegel und die Anspannung senken. «Für mich als Mama ist es schön zu sehen, wie Levi trotz Schmerzen Spass hat und diese für einen Moment vergessen kann», bestätigt Mirjam, deren Sohn in der Kindernotaufnahme des Kantonsspitals Aarau von Traumdoktor Hüpf besucht wurde.

    (Bild: © Annette Boutellier/Stiftung Theodora) Dr. Piri Piri erleichtert dem Spitalpersonal die Arbeit, indem sie das Kind während einer Intervention ablenkt.

    Unterstützung auch während der Behandlung
    Zusätzlich zu ihrer Präsenz in den Wartezimmern, werden die Traumdoktoren auch in den Behandlungsräumen eingesetzt. Patrick Haberstich, Leitender Arzt Abteilung für Kinder-Notfallmedizin am Kinderspital in Aarau betont, wie nützlich es ist, die Traumdoktoren bei möglicherweise schmerzhaften Behandlungen hinzuzuziehen: «Studien haben gezeigt, dass ein Kind weniger Schmerzen hat und weniger Schmerzmittel benötigt, wenn seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes gerichtet ist. Wir sorgen in solchen Fällen dafür, dass die Traumdoktoren diesen Kindern von Beginn der Behandlung an zur Seite stehen können.» Durch die Einbeziehung der Künstler der Stiftung wird auch ein Klima des Vertrauens geschaffen, das die Interaktion zwischen dem Kind und dem Pflegepersonal fördert – was wiederum dazu beiträgt, dass die Interventionen reibungsloser und damit schneller ablaufen.

    Mögliche Ausweitung auf weitere Spitäler
    Die bislang gesammelten Rückmeldungen sind sehr positiv, sowohl von Seiten der Familien als auch von den Spitälern. «Wir haben mittlerweile Anfragen von weiteren Spitälern erhalten, die an diesem Programm interessiert sind», kommentiert Patricia Bohle, Programmverantwortliche der Stiftung Theodora. «Wenn es unsere Ressourcen erlauben, würden wir uns sehr freuen, diese Abendbesuche künftig in mehr Spitälern in der Schweiz anbieten zu können», schliesst sie. Sämtliche Leistungen der Stiftung sind für die besuchten Spitäler und spezialisierten Institutionen kostenlos. Die Stiftung Theodora, welche in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen feiert, finanziert sich komplett durch Spenden und Unternehmenspartnerschaften.

    pd


    Professionelle Künstler

    Jeder Traumdoktor verfügt über eine künstlerische Grundausbildung wie beispielsweise Zauberei, Theater, Musik, Pantomime. Die Traumdoktoren werden von der Stiftung Theodora gemäss dem Ethikkodex ausgebildet und begleitet.

    Multidisziplinäre Ausbildung
    Bevor die Künstlerinnen und Künstler Kinder besuchen können, erhalten sie in Zusammenarbeit mit dem Institut und der Hochschule für Gesundheit «La Source» mehr als 200 Unterrichtsstunden während einer einjährigen Ausbildung. Diese multidisziplinäre Ausbildung garantiert eine optimale Zusammenarbeit mit dem medizinischen Personal. Corinne Ghaber ist Lehrbeauftragte der Hochschule für Gesundheit «La Source» in Lausanne. Sie bereitet seit mehr als 20 Jahren die angehenden Traumdoktoren der Stiftung auf die Ausübung ihrer Tätigkeit im Spitalumfeld vor. Diese multidisziplinäre Ausbildung garantiert eine optimale Zusammenarbeit mit dem medizinischen Personal, wobei die Traumdoktoren keine therapeutische Tätigkeit ausüben.

    Die Stiftung Theodora wurde im Jahr 1993 mit einem Ziel gegründet: Kindern in Spitälern und Institutionen für Kinder mit Behinderung Lachen, Freude und wertvolle Momente der Abwechslung zu schenken. Die Stiftung organisiert und finanziert jede Woche den Besuch von professionellen Künstlern – den Traumdoktoren – in Spitälern und spezialisierten Institutionen.

    Bei jedem Besuch öffnen die Traumdoktoren für die kleinen Patienten ein Fenster zur Fantasie, indem sie spontan auf deren individuelle Bedürfnisse eingehen. Die Kinder finden so zurück in ihre Welt des Lachens und Spielens, manchmal auch mit der Mitwirkung ihrer Eltern.

    www.theodora.ch

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